Die humanistische Psychologie Rogers stellt die Grundlage des Ansatzes zum Systemischen Coaching dar. Oft herrscht unter Coaches und Ausbildenden in Bezug auf diese Herkunft allerdings Unklarheit, obwohl sie für den Nutzen des Ansatzes bei genauer Betrachtung elementarer nicht sein könnte. In diesem Beitrag machen wir es uns deshalb zur Aufgabe herauszustellen, in welchem Zusammenhang Carl Rogers Modell und das Systemische Coaching stehen und wie wichtig die eigene Grundhaltung für erfolgreiche Coachingprozesse tatsächlich ist.
Carl Rogers Bild vom Menschen
Carl Rogers humanistisches Menschenbild entwickelte sich insbesondere in seiner Zeit als klinischer Psychologe in einer Erziehungsberatungsstelle im New York der 30er Jahre. Rogers Arbeit zielte in einer Zeit, in der die ganze Welt aufgrund der stark wütenden Weltwirtschaftskrise aus den Fugen geraten zu sein schien, darauf ab, junge Menschen wieder "gesellschaftstauglich" zu machen. Seine Aufgabe war es, der Erziehung delinquenter und von absoluter Armut betroffener Jugendlicher eine letzte Chance zu geben, sodass sich die BürgerInnen New Yorks auf ihren Straßen wieder ein wenig sicherer fühlen konnten.
Im Umgang mit den Jugendlichen fiel Rogers schnell auf, dass diese keinesfalls wie die Mechanik eines Autos einfach und schnell mit einem Eingriff von außen "repariert" werden konnten. Vielmehr schien es bestimmte Bedürfnisse des Menschen zu geben, die in einer zielführenden Beratung dringend Beachtung finden sollten. So schien er bei den Jugendlichen deutlich mehr Anklang zu finden, wenn er sie selbst als die Experten ihres Lebens und ihrer Entscheidungen verstand, als lediglich von oben herab die "Regelkeule" zu schwingen. Das humanistische Weltbild und die daraus resultierende Grundhaltung nach Rogers beeinflusst viele psychologische Behandlungsverfahren bis heute und münzt in direktem Wege in die Theorie der humanistischen Psychologie, die Rogers in großem Maße mitbegründete.
Die humanistische Psychologie
Die humanistische Psychologie Rogers leitet sich direkt aus dessen Menschenbild ab und zielt vor allem auf die Selbstverwirklichung und das Erleben eines erfüllten Lebens ab. Die Weiterentwicklung der eigenen Potenziale gehört im Rahmen der Theorie nicht nur zu den Grundbedürfnissen jedes Menschen, sondern kann unter Bereitstellung günstiger Rahmenbedingungen auch von jedem Menschen selbst, mithilfe eigener Ressourcen und aus eigener Kraft erreicht werden.
Aufgabe einer erfolgversprechenden psychologischen Betreuung und Grundlage der Psychologie ist folglich, diese "günstigen Rahmenbedingungen" für das Gegenüber herzustellen. Neben dem Selbstkonzept Rogers gehört Carl Rogers aktives Zuhören dabei zu den wichtigsten Methoden. Denn um dem Selbstkonzept des Gegenübers, also der individuellen Selbstauffassung, die jeder Mensch von sich selbst bildet, auf die Spur zu kommen, bedarf es nach Rogers einer besonderen Art des Zuhörens. Diese sollte geprägt sein von einer offenen, vorurteilsfreien und empathischen Aufmerksamkeit.
Carl Rogers Kommunikation im therapeutischen Kontext wird - das Gegenüber immer im Fokus stehend - als personenzentrierter Ansatz verstanden und ist als "Personenzentrierte Gesprächsführung nach Rogers" bekannt. Als Basis dieser Methode gelten Carl Rogers 3 Grundhaltungen, die an dieser Stelle von besonderer Wichtigkeit sind, da sie bis heute die Grundlage eines erfolgversprechenden Coachings darstellen: Empathie, Wertschätzung und Kongruenz. Sie werden als Basisvariablen bezeichnet und gelten als wichtigste Voraussetzung, um den oben beschriebenen "geeigneten Rahmen" zur persönlichen Weiterentwicklung zu schaffen.
Rogers Psychologie in systemischen Coachingprozessen
Nach Rogers Kommunikationsmodell ist es also der "Gesprächs(an)führende" dem die Verantwortung zugewiesen wird, wertschätzend, empathisch und kongruent aufzutreten, um einen Rahmen zu schaffen, der es dem Gegenüber erlaubt, eine Entwicklung der Persönlichkeit zu erleben. Einen gut ausgebildeten Systemischen Coach zeichnet es also aus, sich Carl Rogers Basisvariablen nicht nur bewusst zu sein, sondern sie auch auf die eigene Grundhaltung und Arbeitsweise anwenden zu können. Davon sind wir als Institut überzeugt.
Die eigene Grundhaltung und das Verständnis über eigene Grundannahmen gehören nach unserer Auffassung zur nötigen Bescheidenheit, die andere Coaching Methoden erst wirksam machen können. Die Bedeutung Coach zu sein, begreift demnach deutlich mehr, als die in diesem Beitrag erklärten Begriffe aus der Psychologie zu kennen. Sie sollten bestmöglich in einen sinnvollen Bezug zu sich selbst gesetzt und auf dieser Ebene ganzheitlich verstanden werden, um als Systemischer Coach nach unserem Verständnis wirksam zu sein.